Gut zu wissen
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...ist das nicht ein Nervengift?


Unzählige Male sind wir alljährlich im Frühling mit dieser Frage konfrontiert, wenn es um die Zeckenprophylaxe geht.

Einerseits finden alle unsere Kunden die kleinen vielbeinigen Lästlinge ziemlich gruselig. Niemand mag auf dem weissen Spannteppich auf eine vollgesogene Zecke treten.

Und schon gar nicht möchte man riskieren, dass das geliebte Haustier sich mit einer durch Zecken übertragbaren Krankheit infiziert.

Dennoch ist auch die Angst vor den zugelassenen Wirkstoffen beachtlich.

Fast könnte man meinen, man müsse sich zwischen Pest und Cholera entscheiden.

Viel unkritischer stehen manche Tierhalter pflanzlichen Wirkstoffen gegenüber. Kokosfett, Knoblauchpulver und Schwarzkümmelöl, um nur einige zu nennen, werden gerne im Kampf gegen Parasiten eingesetzt.

Doch sind pflanzliche Wirkstoffe nebenwirkungsfrei?

Gibt es eine wissenschaftliche Evidenz für ihre Wirkung und sind die chemischen Antiparasitika wirklich so schlecht, wie ihr Ruf?

Tatsächlich findet man zum Beispiel für die Wirksamkeit von Knoblauch, wie auch von Schwarzkümmelöl am Menschen durchgeführte Studien, die darauf hinweisen, dass bei entsprechend regelmässiger Einnahme das Risiko von Zecken gebissen zu werden, abnimmt.

Allerdings müsste man täglich 2 Knoblauchzehen verzehren, um diese Wirkung zu erzielen.

Doch Vorsicht: Knoblauch ist für Hunde toxisch.

Schwarzkümmelöl in höheren Dosen oder andauernd eingenommen, ist schädlich für die Leber.

Für die Wirksamkeit von Bernstein existieren zwar einige Theorien, jedoch keine eigentliche Studie.

Ähnlich sieht die Studienlage für die sogenannten «effektiven Mikroorganismen» kurz EM aus: es gibt keine Studien, welche die Wirksamkeit von EM im Zusammenhang mit reduziertem Zeckenbefall belegt. «Wer heilt, hat recht», ist hier die Devise: gibt es doch immer wieder Berichte von Tierhaltern, die feststellen, dass von den EM-Halsbändern eine gewisse Wirkung auszugehen scheint.

Wenn wir uns der Schulmedizin zuwenden, sind primär drei Hauptwirkstoffe zur Abwehr von Ektoparasiten im Einsatz: Permethrin, Fipronil und Flurolaner.

Die Studienlage aller drei Wirkstoffe ist sehr umfangreich. Bis nämlich ein Präparat von der Swiss medic zugelassen wird, durchläuft es umfangreiche, kostspielige und aufwändige Tests. Und erst, wenn es die alle bestanden hat, darf es als Medikament auf den Markt

So steht es auf der Website der Swissmedic beschrieben:

«Die Abteilung Tierarzneimittel der Swissmedic ist zuständig für die Zulassung von Tierarzneimitteln.

Sie befasst sich mit der Qualität, der Sicherheit und Wirksamkeit von Tierarzneimitteln im Rahmen von Neuanmeldungen, Zulassungserweiterungen und Zulassungsänderungen.

Die Beurteilung der Zulassungsunterlagen zu Tierarzneimitteln wird in der Abteilung Tierarzneimittel durch interne, und auch durch externe Experten sichergestellt.

Regulatorische Fragen und solche zur Versorgung mit Tierarzneimitteln koordiniert die Abteilung regelmässig im Rahmen des Roundtable mit der schweizerischen Tierarzneimittelindustrie, Vertretern der Tierärzteschaft oder schweizerischen Behörden wie dem Bundesamt für Lebensmittel und Veterinärwesen (BLV).

Der Austausch mit nationalen und internationalen Behörden zu Tierarzneimittel-spezifischen Fragestellungen ist wichtig und wird je nach Bedarf genutzt.

Die Abteilung Tierarzneimittel übernimmt des weiteren Überwachungsaufgaben im Bereich der Tierarzneimittel, bearbeitet Meldungen zu unerwünschten Wirkungen und äussert sich zu sicherheitsrelevanten Themen wie illegale Importe oder Abgrenzungsfragen.»

Alle drei Wirkstoffe wirken als Nervengift – und jetzt kommts: als Nervengift für die Arthropoden. Hoch selektiv wirken sie auf deren Nervensystem, führen zu Koordinationsstörungen, Lähmungen und zum Tod der Zielspezies.

Sie sind KEIN Nervengift für unsere Patienten.

Im Unterschied zu allen vorher erwähnten pflanzlichen Varianten gibt es unter den chemischen Präparaten Medikamente mit einem repellenten Effekt (gilt für alle Markennamen mit dem Wirkstoff Permethrin): diese Medikamente wirken bereits VOR dem Blutsaugeakt, sprich: auch bei rasch übertragbaren Krankheiten, die wir aktuell vor allem in südlichen Gefilden beobachten, schützen sie sehr zuverlässig vor Zeckenstichen.

Allfällige Nebenwirkungen sind, im Gegensatz zu den pflanzlichen Heilmitteln sehr gut und ausführlich dokumentiert. Nebenwirkungen können und sollen von Tierärzten via Pharmakovigilance gemeldet werden. So bleibt die Datenbank aktuell und Packungsbeilagen werden bei Bedarf auch anagepasst.

Die Häufigkeit von Nebenwirkungen wird ebenfalls sehr transparent dokumentiert. Beim Produkt «Bravecto» beispielsweise, wird als «sehr seltene» Nebenwirkung von Krampfanfällen, Ataxien oder Lethargie berichtet.

Dabei darf man sich vor Augen führen, dass «sehr selten» bedeutet: weniger als 1 von 10000 Tieren sind davon betroffen. Also sehr, sehr wenige.

Solche detaillierten Zahlen liegen uns zu allen Produkten aus der Alternativmedizin leider nicht vor.

Unsere Empfehlung ist deshalb klar: überall wo ein erhebliches Risiko für eine ernsthafte Erkrankung, möglicherweise mit Spätfolgen oder Todesfolge besteht, sollte ein Zeckenschutzmittel verwendet werden, dass das Risiko für einen Zeckenbefall nicht zur etwas minimiert, sondern möglichst zuverlässig ausschaltet.